Machen attraktive Menschen in der Arbeitswelt von heute die besseren Karrieren? Findet also beispielsweise jene Bewerbung mit dem schönsten Foto mehr Beachtung als die anderen? Und steigt der hübschere Jungmanager schneller auf als der unscheinbare?
Nun, wenn man davon ausgeht, dass Personalchefs Chefs auch nur Menschen sind, dann muss man
diese Fragen bejahen. Denn in der sozialen Wahrnehmung verbindet der Betrachter das schöne Antlitz bewusst oder unbewusst mit einer ganzen Reihe von positiven intellektuellen und persönlichen Eigenschaften. Gutaussehende Personen gelten demnach als klug, erfolgreich und glücklich, und das kann die Urteilenden bei Bewerbungsverfahren sehr wohl beeinflussen.
Ungerechte Welt. Aber so ist es nun mal. Der Volksmund nennt das Phänomen „Chemie“: Wenn sie zwischen zwei Menschen stimmt, klappt es mit dem Nachbarn genauso wie mit dem Chef oder den Kollegen. Was aber tatsächlich hinter dieser ominösen Chemie steckt, untersuchen zum Beispiel Attraktivitätsforscher seit Ende der Sechziger Jahre – mit zum Teil überraschenden Ergebnissen und deutlicher Bestätigung obiger Annahme.
„Schönheit ist ein gar willkommener Gast“, sinnierte dereinst Goethe. Sie verschafft den Menschen schon früh Vorteile: Schöne Babys bekommen mehr Aufmerksamkeit, schöne Kinder die besseren Schulnoten. Das steigert das Selbstbewusstsein, macht Mut und schafft Überzeugungskraft. Effekt: Schöne Menschen finden später schneller einen Job. Davon sind mehr als 93 Prozent von insgesamt 1300 Personalchefs der größten Unternehmen in den USA und Großbritannien überzeugt, die die New Yorker Universität Syracuse dazu befragte. Der Vorteil einer hübschen Fassade lässt sich sogar in Euro und Cent zählen: Wer gut aussieht, verdient bei gleicher Qualifikation bis zu fünf Prozent mehr als seine durchschnittlich attraktiven Kollegen. Das fand Daniel Hamermesh von der Universität Texas heraus.
Trotzdem noch eine gute Nachricht für alle, denen die Natur nicht ganz so gut mitgespielt hat: Bei einem Experiment der Universität in Saarbrücken erhielten die Schönen zwar in Sachen Intellekt, Offenheit und Selbstbewusstsein durchweg Bestnoten. Keineswegs aber schnitten sie besser ab bei Attributen wie gewissenhaft, ausgeglichen oder verträglich. Für den Wuppertaler Attraktivitätsforscher Manfred Hassebrauck ist der Schönheitsbonus ohnehin kein Automatismus. Ob jemand als gut aussehend empfunden wird, hänge nur zu dreißig Prozent von dessen objektiver Schönheit ab. Rund zwanzig Prozent machen die individuellen Ansprüche des Beurteilenden aus – und fünfzig Prozent dessen persönliche Vorlieben.